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Cinemas are in crisis, but who gets the cash? [Deutsche Übersetzung]

Es gibt einen neuen EU-Fond in Höhe von 1,5 Millionen Euro für die Innovation und Entwicklung des europäischen Kinos. Deutschlands fragwürdiger Kandidat für die Förderung zeigt, dass die Förderung einmal mehr daran scheitert den Kreativen des Landes eine gerechte Unterstützung zu gewähren.

Züge und Flüge sind voll, aber Theater und Kinos bleiben leer. Angesichts strenger Hygienevorschriften und der immer größer werdenden Anzahl von Streaming-Plattformen wie Netflix und Amazon ist die Zukunft des Kinos ungewisser denn je.

Um zu helfen, hat die EU-Organisation Creative Europe ein Projekt namens “Cinemas as Innovation Hubs for Local Communities” („Kinos als Innovationszentren für lokale Gemeinschaften“) ins Leben gerufen. Sie suchen nach innovativen Ideen und Projekten, die darauf abzielen, Kinos zu erhalten, weiterzuentwickeln und relevant zu halten – alles in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern. Jedes Land wählt eines seiner lokalen Kino-Projekte aus, um es in die nächste Runde des europaweiten Pitchings zu befördern. Die satte Summe von 1,5 Millionen Euro wird dann an die Projekte der verschiedenen Länder verteilt, abhängig davon wie viele Stimmen sie von der Jury erhalten.

Doch wo nach sucht Creative Europe? Auf der Website des Projekts werden Ziele wie das „Neudenken des Kinoerlebnisses“ und die „Schaffung von kulturellen Zentren rund um das Kino“ genannt. Kurz gesagt, sie wollen, dass Kino mehr als ein passiver Zeitvertreib für die Menschen ist.

Aufgrund dieser Ziele erscheint die Auswahl des Deutschen Vorstands (von nun an der Einfachheit halber „Deutschland“ genannt) für diese Gelegenheit der kulturellen Entwicklung und des Austauschs fragwürdig. Es ist ein Projekt namens CVOD, was für Cinema Video On Demand zu stehen scheint. Es ist eine Kino-Streaming-Plattform, die im Grunde ein Netflix für Kinoveröffentlichungen ist. Ihr Konzept, welches sie als „innovativ“ und „neu“ bezeichnen, zielt darauf ab, den Kinos eine neue Einnahmequelle zu erschließen, indem es ihnen ermöglicht, ihre Inhalte online zu übertragen. Es gibt eine begrenzte Anzahl von "Sitzplätzen" und Kunden zahlen genau so viel wie für einen Live-Kinobesuch.

Dieses Konzept scheint im Zusammenhang mit Creative Europe nicht ganz durchdacht. Die Idee ist, Kinos finanziell zu unterstützen, aber welches Kino wird dadurch gerettet, dass die Leute nicht hin gehen? Und wie verhilft es Kinos, ihre kulturelle Wirkung in ganz Europa zu verbreiten? CVOD scheint eher der Notwendigkeit des Kinos entgegenzuwirken, indem es einmal mehr eine Streaming-Plattform anbietet, welche die große Leinwand durch Fernseher und Laptops ersetzt.

Eine Übertragung auf eine Online-Plattform ist zwar eine sehr Pandemie-freundliche Idee, ist aber weder nachhaltig für die Zukunft der Kinos, noch trägt scheint sie verstanden zu haben, dass die Kinos heute mehr denn je Menschen brauchen, die sie besuchen.

Deutschlands Zweitplatzierter macht die Entscheidung für CVOD noch fragwürdiger. Das Berliner Projekt „Kino & Bar in der Königstadt“ verkörpert alle Ziele, die von Creative Europe genannt worden waren. Es ist ein kleines Kino, das Finanzierung benötigt, mit einem vom Mainstream abweichenden, unabhängigen Programm. Es arbeitet zwar mit Streaming-Giganten wie Netflix zusammen, zeigt sie jedoch auf der großen Leinwand. Es vermietet seinen Saal an internationale und lokale Filmfestivals sowie an Produktionsfirmen für Screenings oder Colour-Grading. Es beherbergt Industrie- und Kulturveranstaltungen und lädt gleichzeitig jeden Passanten zu einem Kinobesuch oder einem Drink an der Bar ein.

Angeregt von der Neugierde – und ehrlicherweise Fassungslosigkeit – über Deutschlands Entscheidung, kontaktierten wir die Entscheidungsträger der deutschen Creative Europe Branche. Dort ließ uns eine Sprecherin vermuten, dass Deutschlands Entscheidung eher von einer wirtschaftlichen als einer kulturellen Motivation geleitet wurde. Die Sprecherin argumentierte, dass das Kino & Bar "seinen Weg finden" werde und dass sie etwas "finanziell vielversprechenderes" als Kandidaten für den Fond gewählt hätten. Das scheint CVOD mit der großen Produktionsfirma Pantaflix als Partner zu sein. Während diese Entscheidung im geschäftlichen Kontext verständlich wäre, fühlt sie sich fehl am Platz an, wenn es darum geht, kulturelle Projekte zu unterstützen.

Diese Entscheidung macht ein grundlegendes Problem im Umgang mit Kultur und Kunst in Deutschland sichtbar: Fördermittel werden oft dort eingesetzt, wo Gelder entweder garantiert fließen oder bereits vorhanden sind, nicht dort, wo sie tatsächlich gebraucht werden. Es ist ein Paradox, welches dem grundlegenden Sinn der Kunst- und Kulturförderung widerspricht. Es ist diese verdrehte Denkweise, die zur zehnten Neuverfilmung von Bibi & Tina, oder der hundertsten Rom-Com des Jahres führt.

Es bleibt abzuwarten, wie viel Aufmerksamkeit CVOD bei der internationalen Entscheidungsfindung erhalten wird. Die Entscheidung des deutschen Vorstands zeigt jedoch schmerzlich, dass das Geld im Mittelpunkt steht, selbst wenn es das Ziel war Raum für Kultur und Innovation zu schaffen.